Raucherhof
Eine Brutst�tte der Perversion
Eine
Brutstätte der Perversion
...ist
er, dieser scheinbar harmlose Platz am Ufer der Weschnitz, auf dem
zahllose Jugendliche pünktlich zum Pausenklingeln ihrer
hemmungslosen Sucht nach einem Nervengift frönen. Der ehemalige
Name dieser Stätte - Weschnitzhof - ist längst im
alltäglichen Sprachgebrauch der Schulinsassen der Bezeichnung
„Raucherhof“ gewichen, was für den anständigen
Bürger ungefähr so harmlos wie „Bahnhof Zoo“
oder „Heppenheim-Süd“ klingt.
Denn
Raucher sind, so zumindest der allgemeine Tenor, nun wirklich das
allerletzte. Kranke, profilierungsüchtige Individuen - wenn man
diese Herdentiere denn noch so nennen kann - denen alles zuzutrauen
ist. Wer raucht, schreckt auch vor Mord und Totschlag nicht zurück.
Und wer eine Droge konsumiert, konsumiert alles was im Angebot ist.
Verständlich also der Ruf, der jedes Jahr lauter wird: „Schützt
unsere Kinder! Schließt den Raucherhof!“
Dummerweise
bin ich auch Raucher, und Tränen voller Wehmut möchten mir
in die Augen steigen, wenn ich an eine mögliche Realisierung
dieser Forderung denke.
Nicht
etwa aus Solidarität mit den nachfolgenden Rauchergenerationen -
wo die sich ihre Fluppe in Zukunft reinziehen, ist meiner
egoistischen Raucherseele nun wirklich herzlich egal - sondern weil
mich so viele unvergeßliche Erinnerungen
an
Teile des Nichtraucherkollegiums mit diesem Ort verbinden.
Als
zum Beispiel Frau Hauck ihr Haupt durch die Tür streckte und mit
bestimmter Stimme sagte: „“Könnt ihr nicht endlich
mal die Tür zulassen? Drinnen riechts schon nach Kneipe!“
Dummerweise haben Kneipen in den elitären Oberstufenkreisen
nicht die gleiche negative Bedeutung wie für Frau Hauck, sondern
sind eher als Stätten der Begegnung und des fröhlichen
Beisammenseins bekannt, so das statt
einer
Entschuldigung nur ein mehrstimmiges „Laho!Laho!“ zur
Antwort folgte. Dieser kurze Moment der Solidarität wird jedem,
der ihn erlebt hat unvergessen bleiben.
Noch
schöner allerdings der Moment als Herr Peters aus dem
naturwissenschaftlichen Trakt stürmte - wie immer trug er seine
ebenso modischen wie gewagte Frisur Marke „Twister“ - und
die Nikotiniker hinter die weiße Linie trieb, wobei er immer
wieder nur ein Wort schrie:“Raaaauuuuuuccchhhheeerr!“ -
in
einem Tonfall, den unsereins nur dann hinbekommt, wenn man einen
Serienkiller
auf frischer Tat ertappt. Dermaßen eindrucksvolle Bilder gibt
es sonst
nur
im Kino.
Doch
Hauck und Peters sind nur kleine Lichter wenn man sie mit IHM
vergleicht, sie verblassen zu winzigen Momenten ungetrübter
Peinlichkeit, wenn man erst mal
IHN
erlebt hat, den unbestrittenen Unterhaltungsgott des Raucherhofs:
Fritz Emmert, das militanteste was der Nichtrauchermarkt je
hervorgebracht hat ( wo-
bei
ich mich allerdings immer wieder frage, warum er trotzdem immer
wieder durch
die
qualmende Menge latschen muß, wo es doch so viele Möglichkeiten
gibt rauch-
frei
in das Schulgebäude zu gelangen). Führen wir uns also mal
einen seiner Auftritte so plastisch wie möglich vors Auge.
Phase
1: Fritz E. erscheint am unteren Ende des Weschnitzhofes.
Scheinbar ziellos bahnt er sich seinen Weg durch die
lebensgefährlichen Ballspiele nerviger Unter-
stufler.
Die ersten Raucher sichten ihn und setzen die Information in Umlauf,
daß es gleich wieder was zu lachen gibt.
Phase
2: Fritz E. ist zur Mitte des Hofes vorgedrungen. Erste
Rauchschwaden ziehen in sein Gesicht. Der Blick, den er in den
fröhlich schmauchenden Pulk wirft, wird normalerweise zur
Sprengung von Felsmassiven verwendet. Die besonders Willensschwachen
beginnen bereits jetzt zu kichern.
Phase
3: Fritz E. befindet sich nun in der Mitte der rauchenden Menge
und kommentiert sie verächtlich als „Stinkerclub“.
Fröhliches Gelächter.
Phase
4: Fritz E. hat die Tür erreicht. Als er sie hinter sich
schließen will, kommt ihm eine Raucherin in die Quere, die in
die entgegengesetzte Richtung strebt. In maßlosem Zorn schnauzt
er sie an mit Worten, die in normalem Sprechtempo soviel wie: „Mach
jetzt endlich die Tür zu, Du stinkst hier alles voll!“
heißen. Die Stimmung erreicht ihren Höhepunkt.
Phase
5: Fritz E. verschwindet vorläufig im Inneren der Schule.
Die angemaulte Schülerin wird von den anderen Rauchern mit
Blumen bestreut und erhält den Titel
„Rotes
Tuch für Fritz“. Möglicherweise wird Fritz später
noch eine seiner beliebten Zugaben geben, bei denen er
Ex-Leichtathleten, die festgestellt haben , daß es irgendwie
lustiger ist Gott Marlboro als Gott Emmert zu huldigen, in einem
Zusand völliger Hysterie die Zigaretten aus der Hand reißt
und umgehend vernichtet.
Und
diese einmaligen Erlebnisse will man den Rauchern der Zukunft
vorenthalten?
Menschen
wie Emmert, Hauck und Peters sind heilsamer Balsam für das
geschundene Selbstwertgefühl des Rauchers. Nirgendwo sonst als
auf dem Raucherhof kann man sich als Raucher dermaßen gesund,
normal und geistig intakt fühlen. Bitte nehmt uns dieses Gefühl
nicht und erhört mein Flehen:
„Rettet
den Raucherhof!“
Mario
Fesler
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